Betriebsrat
Der Betriebsrat ist die gesetzliche Interessenvertretung der Arbeitnehmer in einem Betrieb. Er hat unter anderem die Aufgabe, die Einführung und Anwendung von KI im Betrieb mitzugestalten, zu überwachen und zu kontrollieren.
– Die Mitbestimmung ist das Recht des Betriebsrats, bei bestimmten betrieblichen Angelegenheiten mitzubestimmen oder zuzustimmen. Dies gilt insbesondere für Fragen der Arbeitsorganisation, der Personalplanung, der Sozialordnung und des Datenschutzes, die von der KI beeinflusst werden können.
– KI kann die Rolle und die Rechte des Betriebsrats und der Mitbestimmung sowohl stärken als auch schwächen. Einerseits kann KI dem Betriebsrat neue Möglichkeiten bieten, um Informationen zu sammeln, zu analysieren und zu kommunizieren, um seine Position gegenüber dem Arbeitgeber zu verbessern. Andererseits kann KI auch zu einer Veränderung oder einem Verlust von Arbeitsplätzen, Qualifikationen und Kompetenzen führen, die die Beteiligung und den Einfluss des Betriebsrats verringern können.
– Um die positiven Effekte von KI zu fördern und die negativen zu vermeiden, ist es wichtig, dass der Betriebsrat frühzeitig und umfassend in die Planung, Entwicklung und Implementierung von KI einbezogen wird. Dazu gehört, dass er die Ziele, Methoden und Grenzen der KI kennt, die Auswirkungen auf die Beschäftigten bewertet und entsprechende Maßnahmen zur Anpassung, Qualifizierung und Mitbestimmung fordert.
– Der Betriebsrat sollte auch darauf achten, dass die KI ethischen Grundsätzen entspricht, die Menschenwürde, Gerechtigkeit, Diskriminierungsfreiheit, Transparenz, Nachvollziehbarkeit und Verantwortlichkeit gewährleisten. Der Betriebsrat sollte zudem die Interessen der Beschäftigten gegenüber externen Akteuren, wie z.B. KI-Herstellern, -Anbietern oder -Aufsichtsbehörden, vertreten.
Themen im Bereich Betriebsrat und KI
Grundsätzliches – was ist Künstliche Intelligenz und wie ist sie geregelt?
- Begriffe und Bedeutungen von KI
- Bestimmung des Begriffs KI und Abgrenzung zum Automatisierung und Maschine Learning
- normative Vorgaben in der EU
- AI Act aus 2024
- DSGVO und BDSG
Chancen des Einsatzes von KI im Unternehmen an Hand von Beispiele mit aktuellen Knackpunkten
- Recruiting und Personalentwicklung – KI im Bewerbungsverfahren?
- Personalverwaltung – KI in der Personalakte
- Arbeitszeugnisse – KI zur Erstellung
- Zugangskontrollen an Toren und Türen mit Biometrischen Daten und KI (Gesichts- und Spracherkennung)?
- Einsatz autonomer Dienstfahrzeuge und autonomer Transportmittel
- KI zur Datenauswertung (Begriff: Erhöhung des Überwachungsdrucks)
Risiken des Einsatzes von KI aus Sicht des Betriebsrates
- Verhaltens- und Leistungskontrolle durch KI Einsatz oder als Nebenprodukt
- Generative KI auch im Sinne des Betriebsrates
- Einhaltung von Diskriminierungsverbote auch bei KI
- Stellenplanung und Arbeitsplatzabbau – KI und Automatisierung bis hin zur BV KI und BV Zukunft
- Auslandsdatenverkehr und Datenverarbeitung in Drittstaaten beim Einsatz von KI
Ihre besondere Rolle als Betriebsrat beim Einsatz von KI
Mitbestimmungsrechte
- § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG: Ordnung und Verhalten im Betrieb
- § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG: Einführung und Anwendung von technischen Einrichtungen mit Leistungs- und Verhaltenskontrolleignung
- § 87 Abs. 1 Nr. 7 BetrVG: Regelung zum Gesundheitsschutz
- § 98 BetrVG: betriebliche Bildungsmaßnahmen
- §§ 111 Nr. 5, 112 BetrVG: Einführung grundlegend neuer Arbeitsmethoden
Beratungsrechte
- § 90 Abs. 1 Nr. 2 und 3, Abs. 2 BetrVG: Planung von technischen Anlagen und Arbeitsabläufen
Unterrichtungsrechte
- § 80 Abs. 1 und 2 BetrVG: allgemeiner Unterrichtungsanspruch
- § 90 Abs. 1 Nr. 2 und 3 BetrVG: Planung von technischen
weitere Rechte
- Informations- und Beratungsrechte nach Betriebsverfassungsrecht
- erweiterte Rechte des Betriebsrates neben dem Betriebsverfassungsrecht (Empfehlung)
- besondere Regelungen für die Bestellung externer Berater (Erforderlichkeit per Gesetz)
- Erzwingbare Mitbestimmung bei Personalauswahlrichtlinien – auch beim Einsatz von KI
- Technische Kontrolleinrichtungen – ein Klassiker aus den sozialen Angelegenheiten des § 87 BetrVG
Mitbestimmung nutzen, um Risiken wirksam zu begrenzen!
- Effektive Nutzung von Mitbestimmungsrechte und Kontrollmöglichkeiten des Betriebsrats
- Wichtige Regelungsthemen – insbesondere im Lichte des Datenschutzrechts
- Vereinbarung einer regelmäßigen Überprüfung der eingesetzten KI-Anwendung
- Praktische Tipps zum Erstellen einer Betriebsvereinbarung
gesetzliche Bestimmungen
§ 87 BetrVG
Betriebsverfassungsgesetz
§ 87 Mitbestimmungsrechte
(1) Der Betriebsrat hat, soweit eine gesetzliche oder tarifliche Regelung nicht besteht, in folgenden Angelegenheiten mitzubestimmen:
- Fragen der Ordnung des Betriebs und des Verhaltens der Arbeitnehmer im Betrieb;
- Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit einschließlich der Pausen sowie Verteilung der Arbeitszeit auf die einzelnen Wochentage;
- vorübergehende Verkürzung oder Verlängerung der betriebsüblichen Arbeitszeit;
- Zeit, Ort und Art der Auszahlung der Arbeitsentgelte;
- Aufstellung allgemeiner Urlaubsgrundsätze und des Urlaubsplans sowie die Festsetzung der zeitlichen Lage des Urlaubs für einzelne Arbeitnehmer, wenn zwischen dem Arbeitgeber und den beteiligten Arbeitnehmern kein Einverständnis erzielt wird;
- Einführung und Anwendung von technischen Einrichtungen, die dazu bestimmt sind, das Verhalten oder die Leistung der Arbeitnehmer zu überwachen;
- Regelungen über die Verhütung von Arbeitsunfällen und Berufskrankheiten sowie über den Gesundheitsschutz im Rahmen der gesetzlichen Vorschriften oder der Unfallverhütungsvorschriften;
- Form, Ausgestaltung und Verwaltung von Sozialeinrichtungen, deren Wirkungsbereich auf den Betrieb, das Unternehmen oder den Konzern beschränkt ist;
- Zuweisung und Kündigung von Wohnräumen, die den Arbeitnehmern mit Rücksicht auf das Bestehen eines Arbeitsverhältnisses vermietet werden, sowie die allgemeine Festlegung der Nutzungsbedingungen;
- Fragen der betrieblichen Lohngestaltung, insbesondere die Aufstellung von Entlohnungsgrundsätzen und die Einführung und Anwendung von neuen Entlohnungsmethoden sowie deren Änderung;
- Festsetzung der Akkord- und Prämiensätze und vergleichbarer leistungsbezogener Entgelte, einschließlich der Geldfaktoren;
- Grundsätze über das betriebliche Vorschlagswesen;
- Grundsätze über die Durchführung von Gruppenarbeit; Gruppenarbeit im Sinne dieser Vorschrift liegt vor, wenn im Rahmen des betrieblichen Arbeitsablaufs eine Gruppe von Arbeitnehmern eine ihr übertragene Gesamtaufgabe im Wesentlichen eigenverantwortlich erledigt;
- Ausgestaltung von mobiler Arbeit, die mittels Informations- und Kommunikationstechnik erbracht wird.
(2) Kommt eine Einigung über eine Angelegenheit nach Absatz 1 nicht zustande, so entscheidet die Einigungsstelle. Der Spruch der Einigungsstelle ersetzt die Einigung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat.
§ 87 BetrVG – Einzelnorm (gesetze-im-internet.de)
§ 90 Unterrichtungs- und Beratungsrechte
(1) Der Arbeitgeber hat den Betriebsrat über die Planung1.
von Neu-, Um- und Erweiterungsbauten von Fabrikations-, Verwaltungs- und sonstigen betrieblichen Räumen,
- von technischen Anlagen,
- von Arbeitsverfahren und Arbeitsabläufen einschließlich des Einsatzes von Künstlicher Intelligenz oder
- der Arbeitsplätze
- rechtzeitig unter Vorlage der erforderlichen Unterlagen zu unterrichten.
(2) Der Arbeitgeber hat mit dem Betriebsrat die vorgesehenen Maßnahmen und ihre Auswirkungen auf die Arbeitnehmer, insbesondere auf die Art ihrer Arbeit sowie die sich daraus ergebenden Anforderungen an die Arbeitnehmer so rechtzeitig zu beraten, dass Vorschläge und Bedenken des Betriebsrats bei der Planung berücksichtigt werden können. Arbeitgeber und Betriebsrat sollen dabei auch die gesicherten arbeitswissenschaftlichen Erkenntnisse über die menschengerechte Gestaltung der Arbeit berücksichtigen.
§ 90 BetrVG – Einzelnorm (gesetze-im-internet.de)
§ 95 Auswahlrichtlinien
(1) Richtlinien über die personelle Auswahl bei Einstellungen, Versetzungen, Umgruppierungen und Kündigungen bedürfen der Zustimmung des Betriebsrats. Kommt eine Einigung über die Richtlinien oder ihren Inhalt nicht zustande, so entscheidet auf Antrag des Arbeitgebers die Einigungsstelle. Der Spruch der Einigungsstelle ersetzt die Einigung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat.
(2) In Betrieben mit mehr als 500 Arbeitnehmern kann der Betriebsrat die Aufstellung von Richtlinien über die bei Maßnahmen des Absatzes 1 Satz 1 zu beachtenden fachlichen und persönlichen Voraussetzungen und sozialen Gesichtspunkte verlangen. Kommt eine Einigung über die Richtlinien oder ihren Inhalt nicht zustande, so entscheidet die Einigungsstelle. Der Spruch der Einigungsstelle ersetzt die Einigung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat.
(2a) Die Absätze 1 und 2 finden auch dann Anwendung, wenn bei der Aufstellung der Richtlinien nach diesen Absätzen Künstliche Intelligenz zum Einsatz kommt.
(3) Versetzung im Sinne dieses Gesetzes ist die Zuweisung eines anderen Arbeitsbereichs, die voraussichtlich die Dauer von einem Monat überschreitet, oder die mit einer erheblichen Änderung der Umstände verbunden ist, unter denen die Arbeit zu leisten ist. Werden Arbeitnehmer nach der Eigenart ihres Arbeitsverhältnisses üblicherweise nicht ständig an einem bestimmten Arbeitsplatz beschäftigt, so gilt die Bestimmung des jeweiligen Arbeitsplatzes nicht als Versetzung.
§ 95 BetrVG – Einzelnorm (gesetze-im-internet.de)
Verfahren
Arbeitsgericht Hamburg
Einstweiliger Rechtsschutz – Mitbestimmung Betriebsrat – Einsatz von ChatGPT und anderen Systemen der Künstlichen Intelligenz
Orientierungssatz
1. Wendet man die Grundsätze der ständigen BAG-Rechtsprechung an, so fallen die Vorgaben zur Nutzung von ChatGPT und vergleichbarer Tools unter das mitbestimmungsfreie Arbeitsverhalten. Der Arbeitgeber stellt seinen Arbeitnehmern ein neues Arbeitsmittel unter bestimmten Bedingungen zur Verfügung. Richtlinien, Handbuch usw. sind somit Anordnungen, welche die Art und Weise der Arbeitserbringung betreffen, weshalb kein Mitbestimmungsrecht aus § 87 Abs 1 Nr 1 BetrVG besteht.(Rn.39)
2. Wenn der Arbeitnehmer selbst einen Account bei ChatGPT anlegen und eventuell entstehende Kosten auch selbst tragen muss, erhält der Arbeitgeber keinerlei Meldung, wann welcher Arbeitnehmer wie lange und mit welchem Anliegen ChatGPT genutzt hat. Dass der Hersteller etwa von ChatGPT die vorgenannten Daten aufzeichnet, ist zu unterstellen. Dies führt aber nicht zur Mitbestimmung, denn der dadurch entstehende Überwachungsdruck wird nicht vom Arbeitgeber ausgeübt. Dieser kann auf die vom Hersteller gewonnenen Informationen nicht zugreifen.(Rn.43)
3. Auch die Vorgabe, dass Arbeitnehmer Arbeitsergebnisse, die mittels Unterstützung von Künstlicher Intelligenz entstanden sind, kennzeichnen müssen, führt nicht zu einem Mitbestimmungsrecht nach § 87 Abs 1 Nr 6 BetrVG. Wie ausgeführt muss die technische Einrichtung die Überwachung selbst bewirken, um eine Mitbestimmung auszulösen. Die Kennzeichnung und die damit verbundene Kontrollmöglichkeit, wer Chatbots einsetzt, erfolgt aber hier durch den Arbeitnehmer selbst und nicht durch das Tool.(Rn.44)